Bürgermeister Albert Ungermann lobt aktuellen Zustand des Gerichtswaldes Linsengericht

Wirtschaftsfaktor und Refugium für Erholungssuchende

Bürgermeister Albert Ungermann mit Susanne Gries-Engel und Revierförster Ralf Deckenbach bei der Begehung des Gerichtswaldes

Linsengericht. Während eines Treffens mit dem Leiter der Revierförsterei Linsengericht, Ralf Deckenbach, zeigte sich Bürgermeister Albert Ungermann sehr zufrieden über den Zustand des Linsengerichter Gerichtswalds. „Unser Wald stellt für die Gemeinde nicht nur einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, sondern bietet Erholungssuchenden mit seinem verzweigten Wegenetz viel Raum, um Natur zu erleben.“ Mittlerweile, so Ungermann, habe die Gemeinde eine ganze Anzahl neuer Bänke aufgestellt, sodass auch ausreichend Gelegenheit bestehe, seine Wanderung für eine Rast zu unterbrechen. Susanne Gries-Engel freute sich für die Entwicklungsgruppe „Lebens- und erlebenswertes Linsengericht“, die mit sehr engagierten Mitstreitern ein am Premiumwanderweg Spessartbogen angelegtes neues Rundwanderwegesystem in Linsengericht angelegt hat, über die Unterstützung der Gemeinde bei der Ausgestaltung der Wanderwege unter anderem mit der Anlage neuer Bänke an den Strecken.

Der Gerichtswald Linsengericht – eine bundesweite Besonderheit

Bis heute stellt der Gerichtswald bundesweit eine Besonderheit dar, wie Ralf Deckenbach betonte, denn es sei „einzigartig“, dass alle Linsengerichter Ortsteile diesen Kommunalwald gemeinsam bewirtschaften lassen. Was viele nicht wissen:  Zugeordnet ist der gesamte Wald seit dem 17. Juni 1828 im Grundkataster von Großenhausen eingetragen, wobei als Besitzer die fünf Linsengerichter Ortsteile Altenhaßlau, Eidengesäß, Geislitz, Großenhausen und Lützelhausen aufgeführt wurden. Allerdings reicht die gemeinschaftliche Bewirtschaftung des 1316 ha umfassenden zusammenhängenden Waldgebiets am Spessartrand weit zurück in die fränkische Zeit. Bereits um etwa 800 n. Chr. schlossen sich die benachbarten kleineren Siedlungsorte zur „Märkergenossenschaft“ zusammen, die gemeinschaftlich die außerhalb der Höfe gelegene Feldgemarkung und die gesamte Bewaldung des Gerichts bewirtschaftete. Die Nutzung, so heißt es schon aus dieser frühen Zeit, wurde „gerecht unter den Bewohnern“ aufgeteilt.

Nachhaltige Waldwirtschaft steht im Vordergrund

Seit dem 25. März 2003 ist der Linsengerichter Gerichtswald, so Bürgermeister Ungermann, zertifiziert nach dem System PEFC („Programme for he Endorsement of Forest Certification schemes“), einem internationalen Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung, dem weltweit 35 nationale PEFC-Gremien als Mitglieder angehören. Es basiert inhaltlich auf internationalen Beschlüssen der Nachfolgekonferenzen der Umweltkonferenz von Rio 1992. „Wir verpflichten uns damit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Hinblick auf ökonomische, ökologische sowie soziale Standards“, erläutert Ungermann. Ferner biete diese Waldzertifizierung auch ein „hervorragendes Marketingsinstrument für den nachwachsenden Rohstoff Holz, mit dem wir zur Verbesserung des Images der Forstwirtschaft und unserer Marktpartner beitragen können.“

Der Begriff der „Nachhaltigkeit“, der heute in vielen Bereichen bemüht wird, ist übrigens, wie Revierförster Deckenbach erklärt, bereits rund 300 Jahre alt und entstammt der Forstwirtschaft. Deckenbach: „Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir nur so viel Holz einschlagen, wie auch wieder nachwächst.“

Klar definierte Wirtschaftsziele

Dem erholungssuchenden Wanderer bietet sich im Gerichtswald ein vielfältiges Bild. Zu den Hauptbaumarten gehören an erster Stelle die Kiefer (37 %), die Buche (36 %), die Fichte (19 %) und die Eiche (8 %). Die Kiefer, so Deckenbach, steht hauptsächlich an den Hängen oberhalb von Eidengesäß auf „sandigen Lehmen“; die Buche findet sich vor allem östlich der Birkenhainer Straße an den Hängen zum Lützelgrund. Eines der Ziele der Revierförsterei ist es, den Eichenbestand insgesamt zu erhöhen. „Daran arbeiten wir“, erklärt Ralf Deckenbach. Seine Revierförsterei ist Teil von Hessen Forst und unterliegt dem Verantwortungsbereich der Gemeinde Linsengericht. Als Wirtschaftsziele für den Wald nennt der Revierförster zum einen die „Schutzwirkung in ökologischer Hinsicht“, den Faktor „Erholung, Landschaft und Kultur“ sowie die Holzproduktion.

Von der Möbelproduktion bis hin zur Küchenrolle werden Hölzer aus dem Gerichtswald verwendet. Aber auch jeder Linsengerichter darf den Wald für sich verwerten, bspw. als Brennholzlieferant. Dazu, so Revierförster Deckenbach  gehört allerdings ein in seiner Revierförsterei beantragter Leseschein und ein zertifizierter Lehrgang im Umgang mit der Motorsäge.

Der Wald als Erlebnisfaktor

„Wir wollen diesen besonderen Wald als Erlebnisfaktor für unsere Gemeinde erhalten“, sagt Bürgermeister Albert Ungermann: „Er soll weiterhin als Nutzwald für unsere Bürgerinnen und Bürger dienen – denken wir nur an den Schlagabraum; er soll aber auch einladen, sich hier beim Wandern oder Radfahren zu erholen.“

Um den Wald fit zu machen für die nächsten Jahre hat die Gemeinde im November letzten Jahres eine Bodenschutzkalkung durchgeführt. Ziel der Maßnahme war die Erhöhung der Speicherfähigkeit der Böden für Nähr- und Schadstoffe. Auf ca. 196 ha Fläche sei, so Ungermann, per Hubschrauber auf sorgfältig ausgesuchten Waldflächen der Gerichtswald gekalkt worden. Zum Hintergrund dieser Maßnahme erläutert Ungermann: „ Nach Aussagen von Experten werden unsere Wälder mit Schwefel- und Stickstoffverbindungen dauerhaft und tiefgreifend verändert. Ihre Puffer-, Speicher- und Filterkapazitäten werden langfristig beeinträchtigt. Wir finden Schäden an den Feinwurzeln der Bäume und müssen auch eine Gefahr für das Trinkwasser feststellen, das durch die Auswaschung toxischer Aluminiumionien entsteht.“

Der Linsengerichter Gerichtswald gehöre zu einem Großteil der hessischen Waldstandorte, in denen der natürliche Säurepuffer nicht mehr ausreiche, um die Versäuerung der Böden zu stoppen. Daher sei hier, so Ungermann, das Ausbringen mild wirkender Kalke vonnöten, um den Erholungsprozess zu unterstützen. Die Wirkung dieser kürzlichen Kalkunksmaßnahe halte circa 10 Jahre an. „Danach müssen wir uns wieder erneut mit der Bekalkung unseres Gerichtswalds befassen“, blickt Ungermann in die Zukunft.

Erhalt der Einzigartigkeit: Ein großes Anliegen

Den nun seit vielen Jahrhunderten bestehenden Gerichtswald in seiner Einzigartigkeit zu erhalten, sei unbestritten ein großes Anliegen der Gemeinde, so Bürgermeister Ungermann. Mittlerweile werde der Wald ebenso wie die Gesamtgemarkung Linsengericht von Wandererinnen und Wanderern aus den Ortsteilen aber auch von Interessierten aus der nahen und ferneren Region neu entdeckt. Hier freute sich Albert Ungermann über die Tatsache, dass der Premiumweg Spessartbogen die schönsten Teile Linsengerichts durchläuft und Anlass dazu gegeben hat, daran über die Entwicklungsgruppe „Lebens- und erlebenswertes Linsengericht“ ein attraktives neues Wanderwegesystem in Linsengericht hat entstehen lassen.

„Linsengericht ist eine Gemeinde mit einem in Deutschland einzigartigen Namen. Dazu haben wir unseren Gerichtswald, der in seiner Komplexität ebenso einzigartig ist, und wir haben aus dem Angebot des Premiumwanderwegs Spessartbogen für Einheimische und Gäste ein Erholungsangebot geschaffen, das unsere Gemeinde bereichert und in eine gute Zukunft blicken lässt“, so Ungermann abschließend.