Albert Ungermann mit dem symbolischen Sparschwein der Gemeinde LinsengerichtGewerbepolitik des Bürgermeisters zahlt sich finanziell aus

Höchste Einkommensteuer

Linsengericht. Wer kennt ihn nicht, den schönen Ausspruch „Am Ende des Geldes ist noch so viel Monat übrig…“  Oder etwas geschäftsmäßiger ausgedrückt: Das Verhältnis zwischen  -  mehr oder weniger -  notwendig zu erledigenden Aufgaben und Vorhaben  und  deren Finanzierung  ist im Ungleichgewicht. Das geht nicht nur vielen Privathaushalten, sondern auch vielen Kommunen so. Demensprechend häufig sind die Klagen der öffentlichen Körperschaften über zu wenig Geld und zu vielen Aufgaben zu hören. Gebühren, die nicht kostendeckend sind oder sein sollen, Schulden mit hoher Zinslast, notwendigen Investitionen, damit kämpfen viele Städte und Gemeinden jeden Tag, Aber warum ist das so und was für Aufgaben übernehmen die Kommunen eigentlich?

Deren  Aufgaben sind vielfältig: Unter anderem kümmern sie sich um : Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder in entsprechend ausgestatteten Einrichtungen, effektive Abfallentsorgung, Bereitstellung von sauberem Trinkwasser sowie  die Entsorgung  und Aufbereitung des gleichzeitig anfallenden Schmutzwassers, Sicherung und Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur, Gefahrenabwehr und Notfallhilfe durch Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst  oder die Bereitstellung  von Freizeitangeboten wie Schwimmbäder oder Sportstätten.

Und in den vergangenen Jahrzehnten sind diese Aufgabenberge  gewachsen – quantitativ und qualitativ. Das gilt aber nicht im gleichen Maße für die finanzielle Ausstattung. Wie  das Präsidium des hessischen Städte und Gemeindebundes erklärt, seien in den letzten Jahren wichtige Steuereinnahmen in den letzten Jahren  - durch die Wirtschaftskrise und Steuersenkungen – zurückgegangen. Knapp 80 Prozent aller Steuereinnahmen behalten Bund und Länder. Etwa 12 bis 14 Prozent gehen an die Kommunen – der Rest an die EU.

Gewachsen sind hingegen  die Ausgaben. Ein Beispiel:  Vor 30 Jahren stellten die Kommunen vielerorts noch Halbtagskindergärten mit wenig Personal zur Verfügung, die dann in der Praxis auch nicht von allen drei- bis sechsjährigen Kindern besucht wurden. Mittlerweile gibt es Kinderbetreuung für unter Drei- und auch schon für unter Zweijährige. Hinzu kommt der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und durch die neuen Angebote auch höhere Anforderungen an das Personal – sowie was deren Zahl als auch deren Qualifikation betrifft. Alles an sich gut und wichtig, doch hier setzt auch die Kritik der Bürgermeister an. Denn diese von Bund und Ländern vorgegebenen Veränderungen  kosten Geld. Und bei der Finanzierung fühlen sich die Gemeinden im Stich gelassen, wie auch Linsengerichts Bürgermeister Albert Ungermann,  durchaus stellvertretend für viele weitere Rathauschefs, erklärt. Denn das sogenannte Konnexitätsprinzip, das, salopp gesagt, fordert, dass „Wer bestellt auch bezahlt“, greife  hier in viel zu geringem Maße.

Das Land hingegen wirbt mit seinen Leistungen. Auf der Webseite der Regierung heißt es: „ Um den Ausbau der U3-Plätze in Hessen weiter voranzutreiben, stellt das Land mit dem „BAMBINI-KNIRPS-Programm“ weitere Haushaltsmittel im Bereich der Betriebskostenförderung bereit. Während 2011 bereits 95 Millionen Euro für die U3-Betriebskostenförderung zur Verfügung standen, wurden die Fördermittel 2012 auf nunmehr 111,4 Millionen Euro gesteigert. Im Doppelhaushalt 2013/2014 werden die Mittel noch einmal auf rund 133 Millionen Euro im Jahr 2013 und rund 150 Millionen Euro im Jahr 2014 erhöht.“

Für die Kommunen reicht das indes nicht. So forderte die Bürgermeisterkreisversammlung des Main-Kinzig-Kreises Ende vergangenen Jahres unter anderem „die verfassungswidrigen Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich für das Jahr 2014 zurückzunehmen und die Summe der Schlüsselzuweisungen wieder um 345 Millionen Euro zu erhöhen“ Außerdem sollen die Städte und Gemeinden durch das Land „endlich eine vernünftige Finanzausstattung erhalten, die den Betriebskosten für die Betreuung  im U3-Bereich gerecht wird“.

Trotz aller Widrigkeiten - in Linsengericht hat man nicht nur Grund zu Klage, wie Bürgermeister Ungermann erklärt. „Wir stehen noch ganz gut da. Wenn die wirtschaftliche Entwicklung so bleibt, sieht es nicht schlecht aus“, freut sich Ungermann und verweist in diesem Zusammenhang mit insgesamt rund 5,1 Millionen Euro auf die „im Jahr 2013 höchste Einkommensteuer, die die Gemeinde je erzielt hat. Auch die Entwicklungen der Unternehmenszahlen bewertet Ungermann als „äußerst positiv“. Laut dem hessischen Statistischen Landesamt ist die Zahl der Industrieunternehmen im Gemeindegebiet von 22 im Jahr 2002 auf 26 im Jahr 2012 gewachsen. Auch die Zahl der Dienstleister hat sich  in diesem Zeitraum erhöht: von 328 auf 410. Den allerdings ebenfalls gemessenen Rückgang im Handel – hier schrumpfte die Zahl der Unternehmen von 213 auf 182 – erklärt der Rathauschef unter dem „Aspekt des steigenden Internethandels und der Zunahme von Shopping-Centern auf der grünen Wiese“.

3.630 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer wohnen in Linsengericht. 2.286 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer haben ihren Arbeitsplatz in der Gemeinde. Täglich pendeln 1.865 Arbeitnehmer nach Linsengericht ein, 3.209 pendeln in andere Kommunen und Städte aus. Aufgrund dieser sehr positiven Entwicklung im gewerblichen Bereich resultiert die enorme Verbesserung der Einnahmesituation bei der Einkommensteuer. Weitere Steigerungen sind durch die neuen Arbeitsplätze im Gewerbegebiet „An der Wann“ zu erwarten.
Die Bevölkerung ist sukzessive auf nunmehr 9.909 Einwohner angewachsen.

Ein Rückgang beim „Ist-Aufkommen“ der Gewerbesteuer  - 2012 waren es rund 3,1 Millionen  und 2013 rund 2,2 Millionen Euro – liege an unerwarteten Rückzahlungen. Ansonsten könne sich das Steueraufkommen durchaus sehen lassen, so Ungermann.

Besonders stolz ist der Bürgermeister  allerdings auf die Zahlen des aktuellen Schulden-Rankings des Hessischen statistischen Landesamtes für alle hessischen Kommunen zum 31.12.2012. Hier belegt Linsengericht von allen 448 „hessischen Gemeinden, Gemeindeverbänden und Landkreisen“ mit einem Schuldenstand pro Einwohner mit 261 Euro einen hervorragenden Platz 24. Besser schneiden im Kreis nur noch Gründau (Platz 4 mit 86 Euro), Jossgrund (Platz 5 mit 89 Euro), Biebergemünd (Platz 10 mit 167 Euro) und Flörsbachtal (Platz 12 mit 190 Euro) ab. Zum Vergleich: Gelnhausen erreicht lediglich Platz 331 mit 2.241 Euro. Zwar müsse man solche Rankings immer auch zu deuten wissen, denn jede Kommune habe auch andere Voraussetzungen – etwa was deren geografische Lage, deren wirtschaftliche Infrastruktur und  deren  Ausstattung und Angebote   betreffen  – doch der Trend sei eindeutig und der erreichte Platz beachtlich. „Wir haben unsere Aufgaben bisher  gut und erfolgreich erledigt und werden das auch in Zukunft so tun.“  Umso ärgerlicher, so Ungermann sei es, wenn Bund und Land ihre Vorgaben nicht einhalten. „Wenn das anders wäre, etwa bei der Kinderbetreuung, würden wir einen Überschuss erwirtschaften“, ist sich der Linsengerichter  Verwaltungschef  sicher.