Themenabend der SPD-Linsengericht zum Kommunalen Finanzausgleich
Kommunen stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand
Norbert Schmitt, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zur Verteilung der Bundesgelder über das Land an die Kommunen
Hessische Städte und Kommunen haben mit einer gesetzlichen Regelung umzugehen, die ihnen mehr und mehr Probleme bereitet: Sie müssen zwingend einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, sonst wird er von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt.
Seit Jahren fällt es den Verantwortlichen in den Rathäusern und in den kommunalen Gremien schwerer, diesen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben in den Haushaltsansätzen herzustellen. Mittlerweile bleiben Erhöhungen von Steuern und Gebühren in vielen Kommunen nicht aus, von den Rathäusern eigentlich nicht gewünscht und heftig kritisiert von Bürgerinnen und Bürgern. Norbert Schmitt, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion war jetzt zu Gast im SPD-Ortsverein Linsengericht und machte zu Beginn des Diskussionsabends zur finanziellen Situation der Kommunen in Hessen deutlich, dass sich die hessische SPD „seit 15 Jahren dafür einsetzt, die Städte und Kommunen mehr zu unterstützen“. Den Themenabend, der von SPD-Vorstandsmitglied Detlev Roethlinger moderiert wurde, gestalteten neben Norbert Schmitt die Bundestagsabgeordnete Bettina Müller, Landtagsabgeordneter Heinz Lotz sowie Linsengerichts Bürgermeister Albert Ungermann.
In Hessen gebe es, so Schmitt, ein spezielles Problem, das auf den früheren CDU-Ministerpräsidenten zurückgehe. Dieser wollte, dass Bundesmittel, die an das Land fließen, nicht direkt an die Kommunen weitergegeben werden, sondern dass das Land entscheidet, wie diese Gelder verteilt werden. Zudem enthalte die derzeitige schwarz-grüne Landesregierung den Städten und Gemeinden rund 1 Milliarde Euro vor, die vom Land für eigene Finanzierungen und Investitionen etwa in Wohnungs- und Hochschulausbau sowie in die Bafög-Kosten fließen. Geld, dass den Kommunen schmerzlich fehlt, besonders vor dem Hintergrund, dass immer mehr sozialpolitische Verpflichtungen – wie etwa die Kita-Finanzierung oder die Betreuungskosten – auf die unterste politische Ebene abgeladen würden.
Bürgermeister Albert Ungermann formulierte aus Sicht des Rathauschefs, wie schwierig die Vorlage eines ausgeglichenen Haushaltes sei. Er schilderte die aktuelle Situation in drastischen Worten: „Real sind die Investitionen der kommunalen Haushalte auf das Niveau der Mitte 90er Jahre zurückgegangen.“ Ganz besonders drückten die Gemeinden die Vorgabe, jedem Kind einen Kita-Platz zu garantieren. Der Anspruch auf einen solchen Platz sei nicht das Problem, sondern die laufenden Betriebskosten. Und bezogen auf die schließlich nicht zu umgehenden Steuer- und Gebührenerhöhungen, klagte Linsengerichts Bürgermeister: „Wir als Kommunen stehen schließlich am Pranger.“
„Es wird in Wiesbaden alles verbockt“, formulierte Landtagsabgeordneter Heinz Lotz die prekäre Lage im Land aus seiner Sicht. So hätten sich die betroffenen Kommunen den Rettungsschirm größtenteils selbst finanziert, und tatsächlich übernimmt das Land lediglich 12 Prozent der Schulden der hessischen Kommunen. Viele Maßnahmen würden mittlerweile, so Lotz, wieder aus eigenen Mitteln finanziert.
Bundestagsabgeordnete Bettina Müller ging auf die Ausbildungssituation für junge Menschen ein. Hier müsse sich „ganz einfach etwas tun“. Sie unterstützte die auch von Norbert Schmitt formulierte Forderung der hessischen Sozialdemokraten nach kostenfreier Bildung und Ausbildung „vom Kindergarten bis zum Studium“.
Im Nachgang des SPD-Diskussionsabends in Linsengericht zum Thema „Hessische Finanzpolitik“ zog SPD-Ortsvereinsvorsitzender Hans Jürgen Wolfenstädter Bilanz: „In unserem Bundesland liegt aus finanzpolitischer Sicht einiges im Argen, und wir als letztes Glied in der Reihe Bund – Land – Kommunen werden auf vielen Gebieten im Regen stehen gelassen.“ Dass die besonders schlechte Situation sich in dieser Form darstelle, zitiert Wolfenstädter aus einer Stellungnahme Norbert Schmitts, liege nicht zuletzt auch in der Tatsache begründet, dass das Land ihnen bundesweit die geringsten direkten und indirekten Zuweisungen gewähre. Während Hessens Kommunen lediglich mit unter 600 Euro pro Kopf der Bevölkerung an finanzieller Unterstützung rechnen können, erhielten Länder wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder aber auch Bayern 800 Euro pro Kopf der Bevölkerung über ihren Landeshaushalt. Wolfenstädter schloss sich der Feststellung und Forderung Norbert Schmitts an: „Die hessischen Kommunen sind in einer verheerenden Situation. Deren Finanzausstattung muss verbessert werden.“